BWA: „Deutschland darf den Anschluss an internationale Fach- und Führungskräfte nicht verlieren“

Berlin,

Infolge der Corona-Krise erlebt die Internationalisierung der deutschen Bildungslandschaft, ein erklärtes Ziel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) sowie des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) einen substantiellen Rückschlag. Deutschland hat sich im vergangenen Jahr auf Platz vier der attraktivsten Standorte für ausländische Studenten hinter den USA, Großbritannien und Australien hochgearbeitet und damit Frankreich als attraktivstes nicht-englischsprachiges Land für akademische Nachwuchskräfte abgelöst.

Im Wintersemester 2018/2019 waren in Deutschland insgesamt 394.665 ausländische Studenten immatrikuliert. Die fünf wichtigsten Herkunftsländer waren China (über 42.000), die Türkei (über 39.000), Indien (über 20.000), Italien (knapp 15.000) und Russland (knapp 14.000). Der Anteil von Studenten aus Nicht-EU-Staaten (sogenannten Drittstaaten) hat dabei in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen. Nicht wenige Nachwuchskräfte, die einen Teil ihres Studiums in Deutschland absolvieren, entscheiden sich zudem für berufsorientierte Weiterbildungen wie Praktika oder Traineeships. Der Anteil derjenigen aus der von der Politik bisher nachlässig beachteten Personengruppe der internationalen Studenten, die sich für einen Berufseinstieg in Deutschland entscheiden, wächst ebenfalls dynamisch und eröffnet damit Perspektiven für die insbesondere in kleinen und mittelständischen Betrieben benötigten Fachkräfte.

Die Aufnahme eines Studiums in Deutschland ist mit zahlreichen Anforderungen verbunden, wie dem Nachweis einer gültigen Krankenversicherung oder dem Nachweis zur Finanzierung des Lebensunterhalts in Form eines Sperrkontos, wo vor Beginn des Aufenthaltes ein fester Betrag eingezahlt wird, von dem der Student jeden Monat einen gewissen Anteil ausbezahlt bekommt. Die Terminvergabe zur Beantragung eines Visums an den deutschen Auslandsvertretungen gestaltet sich nach wie vor in einigen Ländern extrem schwierig und stellt derzeit die größte Hürde dar. Wie die Süddeutsche Zeitung am 16. September 2020 auf Basis einer Umfrage des BWA-Mitgliedsunternehmens Expatrio Global Services berichtete, verfügten im Sommer 2020 nur 39 % derjenigen, die im Wintersemester 2020/21 ein Studium in Deutschland aufnehmen wollten, über das dafür notwendige Visum. Von den verbleibenden 61 % der an einem Studium in Deutschland Interessierten antworteten wiederum 82 % dass die mangelnde Verfügbarkeit von Visaterminen dies derzeit nicht ermögliche und eine pünktliche Einreise entsprechend unsicher sei.

Expatrio hat sich im vergangenen Jahr bei der Gründung der gemeinnützigen Deutschen Gesellschaft internationaler Studierender gGmbH (DeGiS) engagiert. Dieses bundesweite Netzwerk wurde initiiert, um die Vernetzung untereinander zu fördern, mit praktischer Hilfe als Ansprechpartner für internationale Studenten zur Verfügung zu stehen und nicht zuletzt um die Attraktivität des Hochschul- und Wissenschaftsstandortes Deutschland nachhaltig zu fördern. Alexander Ruthemeier, Geschäftsführer der DeGiS und Gründer von Expatrio, erreichen täglich Hilferufe von Studieninteressierten, dass die Termine bei örtlichen Visavergabestellen, beispielsweise  VFS in Indien oder APS in China, teilweise auf Monate ausgebucht seien, was auch von den jüngsten Daten des DAAD gestützt wird.

Der globale Wettbewerb um junge Talente wird während der Pandemie nicht stillstehen. Deutschland kann es sich nicht leisten, die bisherigen Erfolge im Bereich der Internationalisierung deutscher Hochschulen nun zu riskieren. Ein engagiertes Handeln der Politik und eine Debatte im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages über die Situation und Bedeutung internationaler Studierender in Deutschland ist unerlässlich. Dafür stehen wir gerne als sachverständiger Partner an der Seite unserer politischen Entscheidungsträger“, erklärt Alexander Ruthemeier. Vor diesem Hintergrund wandte sich die DeGiS kürzlich mit einem Schreiben an die Bildungspolitiker aller Fraktionen im Bundestag, um dieses Thema ein Jahr vor der Bundestagswahl auf die politische Agenda zu setzen.

Der BWA unterstützt diese Intention nachdrücklich: „Wenn wir uns heute Rückschritte in der Internationalität von Forschung und Lehre durch Tatenlosigkeit und eine die Lebensrealitäten internationaler Studenten verfehlende Ausweitung von Zugängen zu Studienkrediten erlauben, werden wir die Folgen noch in Jahrzehnten spüren. Die Aufforderung der DeGiS unterstützen wir als BWA nachdrücklich, denn auch im Interesse der deutschen Wirtschaft müssen wir weiterhin einer der attraktivsten Standorte für Nachwuchsführungskräfte bleiben. Andere Länder stehen bereits auf der Überholspur“, so Michael Schumann, Vorstandsvorsitzender des BWA.

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