Ab 1. Mai 2010: Neue EU-Entsendevorschriften anwendbar

Ein Rechtstipp von Rechtsanwalt Michael Wendler, Mitglied im BWA-Expertenkreis

Berlin,

Am 30. Oktober 2009 wurde die Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 verabschiedet, mit der die Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit festgelegt werden.

Wendler Michael
RA Wendler Michael

Ebenfalls am 30. Oktober 2009 wurde die Verordnung (EG) Nr. 988/2009 veröffentlicht, mit der die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zum Teil geändert wurde. Erst diese Änderungen haben dazu geführt, dass
die Durchführungsvereinbarung verabschiedet werden konnte und somit die bereits im Jahr 2004 verabschiedete Grundverordnung ab 1. Mai 2010 gilt. Damit verliert die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 einen Großteil ihres Anwendungsbereiches.

Die Neuerungen der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 gelten unter anderem für die Erteilung der Entsendebescheinigungen. Zukünftig unterliegt eine Person, die in einem Mitgliedstaat für die Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich dort tätig ist, eine Beschäft igung ausübt und von diesem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen, weiterhin den Rechtsvorschrift en des ersten Mitgliedstaates, sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit 24 Monate (und nicht – wie bisher – 12 Monate) nicht überschreitet und diese Person nicht eine andere Person ablöst. Unabhängig von den Entsendefällen werden folgende wichtigen Veränderungen eintreten:

  • Stärkung der Rechte der Versicherten durch einen erweiterten persönlichen und sachlichen Geltungsbereich,
  • Ausdehnung der Bestimmungen der Verordnung auf alle von den Rechtsvorschrift en eines Mitgliedstaates über soziale Sicherheit erfassten Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten (anstelle der bisherigen Beschränkung auf Erwerbspersonen), 
  • Leistungen bei Arbeitslosigkeit: Ein Arbeitsloser, der sich zur Arbeitssuche in einen anderen Mitgliedstaat begibt, behält für eine gewisse Zeit (3 Monate, verlängerbar auf 6 Monate) seinen Anspruch auf Leistungen.

Die neue Verordnung ermöglicht allen EU-Bürgern, gleich ob sie Arbeitnehmer, Selbständige, Rentner, Beamte, Studierende, oder Nichterwerbstätige sind, die Wahrung ihrer Ansprüche auf Sozialleistungen bei einem Ortswechsel innerhalb der EU. So soll beispielsweise in Bezug auf die Leistungen bei Arbeitslosigkeit der zuständige Träger eines Mitgliedstaates künftig Versicherungs- bzw.
Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer selbständigen Erwerbstätigkeit so berücksichtigen, als ob sie nach den für ihn geltenden Rechtsvorschrift en zurückgelegt worden wären.

Außerdem gilt die neue Verordnung für alle klassischen Zweige der sozialen Sicherheit: Krankheit, Mutterschaft , Arbeitsunfälle,
Berufskrankheiten, Leistungen bei Invalidität und Arbeitslosigkeit, Familienleistungen, Leistungen bei Alter sowie Sterbegeld. Die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 gilt nach Artikel 90 Verordnung (EG) Nr.
883/2004 noch in folgenden Einzelfällen weiter:

 

  • bei Angehörigen von Drittstaaten,
  • in Bezug auf Island, Liechtenstein und Norwegen,
  • im Rahmen des Freizügigkeitsabkommens mit der Schweiz,
  • für die Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 1661/85 im Verhältnis zu Grönland.

Zur Auslegung des Artikels 12 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 hinsichtlich entsandter Arbeitnehmer sowie auch Selbständiger,
die vorübergehend eine Tätigkeit in einem anderen Mitgliedsstaat als dem Heimatland ausüben, hat die Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit einen Beschluss A2
vom 12. Juni 2009, der jüngst im Amtsblatt der EU veröff entlicht worden ist, erlassen. Anlässlich der nächsten Sitzung, etwa Mitte
März 2010, wird die Verwaltungskommission den wesentlichen Inhalt eines praktischen Leitfadens für die Entsendung von Erwerbstätigen
erarbeiten. Dieser praktische Leitfaden, der Ende April 2010 erscheinen wird, soll den unterschiedlichen Ebenen in den Betrieben und Behörden, von denen die europäischen Rechtsvorschrift en durchgeführt werden, ein brauchbares Instrument für die tägliche Praxis zur Hand geben.

 

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